Eigentlich war geplant, nach einer langen Zeit unseres beruflich und örtlichen Eingebundenseins, unsere weitere Arbeit als Filmemacherin und Geschichtenerzähler ortsunabhängig und als digitale Nomaden weiterzuführen. Die Welt zu bereisen – den Winter hindurch in wärmeren Gegenden – Geschichten filmisch und textlich zu sammeln und diese in ein grösseres Ganzes zusammenzuführen.

Covid-19 beeinflusst das Unterwegssein und führte uns Mitte September 2020, zusammen mit unserer Hündin Aika, auf die Finca Baobab zu Anja und Charlie. Ein Garten Eden, aufgebaut in fünfzehnjähriger Arbeit – mit viel Liebe, mit fachlichem und gärtnerischem Geschick – geschaffen aus einem kargen und trockenen Stück Land an der Costa Tropical in Andalusien, das sie Menschen für einen erholsamen Urlaub zur Verfügung stellen. Corona lässt die Gäste nun ausbleiben und verursacht existentielle Sorgen.

Im Cortijo, dem grössten und komfortabelsten Haus auf der Finca – übernommen von Anja und Charlie als eine Ruine – nun stilvoll in südspanisch-nordafrikanischem Ambiente ausgebaut – sind wir nun eingerichtet, den winterüber, mit nach vorne offenem Zeitraum; unser neues Zuhause. Dank guter Internetverbindung, stabiler Stromversorgung und viel Platz ein passender Ort auch für unsere Arbeit.
Die Ruhe, das Grün rundherum inspiriert und lässt der Kreativität Raum sich auszubreiten.

Während des ersten Lockdowns, über Ostern, entstand der Kurzdokumentarfilm „Stimme des Abends“, den wir in zwölftätiger Selbstisolation in einem Pflegeheim in der Ostschweiz gedreht und im August 2020 zusammen mit der Dokumentarfilmregisseurin Michelle Brun fertiggestellt haben. Ein emotionaler Aspekt dabei war, dass die Protagonistin im Film, unsere Mutter/Schwiegermutter, sich während den Dreharbeiten dem Sterben öffnete und vier Tage nach Beendigung der Dreharbeiten verstarb. Bis zuletzt hat die 95-jährige mit klarem Verstand Tagebuch geschrieben, welches sie uns überlassen hat und damit nun einem breiteren Publikum Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen am Ende seines Lebens gibt.

Die zweite Coronawelle überflutet die Welt und führt auch uns zu einem stationären Leben. Durch Kinoschliessung und Absagen von Filmfestivals, die für die Verbreitung des Films geplant waren, schufen wir hier auf der Finca Baobab, neben weiteren Projekten unserer Firma trailblazing GmbH, die Onlineplattform „kino-online.ch“, auf der der Film nun angeschaut werden kann. 

Ausgleichend zur zeitintensiven Arbeit am Computer ist die gemeinsame Zeit in der entstanden Freundschaft zu Anja und Charlie und die temporäre Mithilfe auf der Finca. Als willkommene Gäste erhalten wir uneingeschränkten Zugang zum Reichtum an Früchten und biologischem Gemüse auf diesem kleinen Stück Erde. Chirimoyas in Hülle und Fülle, Avocados ohne Ende, Guaven, die ersten Orangen und Mandarinen, frische Bananen in verschiedensten Sorten, Limonen und Zitronen, Granatäpfel, Mangos, Feigen, Maracuja und Papaya sind am Reifen, Zitronenkaviar, Mandeln, Auberginen, Peperoni, Tomaten, verschiedene Kohlarten, Salat, Ruccola, Mangold, Spinat, Chilis, frische Küchenkräuter, eigenes Olivenöl vom Feinsten…

„Sei nett zu Fremden – es könnten verkleidete Engel sein“, so der einleitende und gelebte Satz auf der Website von Anja und Charlie, den wir Tag für Tag zu spüren bekommen und uns als digitale Nomaden Heimat gibt.